Feindbild der Digitalisierung: Das Fax

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»Faxen oder nicht faxen?« diese Frage stellt sich im Neu… ähem Deutschland auch noch im Jahr 2024. Und was soll ich sagen? Macht das – schickt Faxe! Mich stört es nicht. Im Gegenteil.

Okay, ich sollte jetzt in das ewige Klagelied der verschlafenen Digitalisierung einstimmen und eine Lobeshymne auf meinen Berufsstand singen, der doch alles dafür tut, endlich das papierlose Büro einzuführen. So ungefähr seit den frühen 1990er Jahren… nix da!

Auch bei mir steht ein Fax, jedenfalls in Form meines Multifunktionsdruckers – die werden immer noch inklusive Fax-Schnittstelle verkauft. Ich wäre mir zwar nicht zu schade, auf Wunsch hin und wieder ein Fax zu versenden, doch scheitert das an meiner restlichen digitalen Technik:

Ich verfüge schlicht nicht mehr über einen vorhandenen analogen Telefonanschluss. Und bisher konnte ich leider keinen passenden Mobilfunkrouter finden, der solche Geräte unterstützt.

Natürlich geht das alles moderner (und sicherer): Ein digitales Dokument, elektronisch signiert und mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung binnen Bruchteilen einer Sekunde via E-Mail rund um den Globus verschickt. Das ist der heutige Stand der Technik!

Aber mal Hand aufs Herz – wir schreiben immer noch Postkarten und Briefe, drucken Urlaubsfotos (sogar in Buchform) und hören Radio. Obwohl all das schon längst „out“ ist. Was soll da der theatralische Abgesang auf ein angeblich rückständiges Fax?

Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Ich bin definitiv kein Fax-Freak, der an Thermopapier schnüffelt und das Faxsignal als melancholischen Klingelton festgelegt hat.

Natürlich gilt das Fax als Paradebeispiel für Fortschrittsverweigerung. Aber haben wir keine wichtigeren digitalen Probleme zu lösen?

Ich nenne da nur die fehlende Medienkompetenz in weiten Teilen der Bevölkerung, die viel zu hohen Kosten für schnelle Internet-Zugänge oder die immer arglistigeren Bemühungen mancher Politiker zur Schaffung eines Überwachungsstaats und Untergrabung der Pressefreiheit.

Digitalisierung macht vielen Menschen Angst, denn sie übergeben Teile ihres Lebens in eine nicht näher definierte „Cloud“ (sowieso ein Unwort, wie ich finde). Wir müssen daran arbeiten, Digitalisierung verständlicher und greifbarer zu machen.

Auch Solo-Selbständige und kleine Unternehmen fühlen sich bei der digitalen Transformation übergangen. Hohe technische wie rechtliche Anforderungen, die für Großunternehmen nur ein Schulterzucken wert sind, stellen viele vor schier unlösbare Herausforderungen (und bedeuten oft ein Arbeiten in der Grauzone, weil schlicht nicht alle Vorgaben umgesetzt werden können).

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sollten unseren Fokus auf das richten, was einer demokratischen Digitalisierung wirklich im Weg steht. Das Fax zählt meiner Meinung nach nicht dazu.


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: Februar 2024